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Kritik des Bundesrechnungshofs: Partiell nachvollziehbar, weitgehend jedoch unverständlich

Bild: shutterstock / kaitong.yepoon

Der Bundesrechnungshof/BRH kritisiert in seiner aktuellen Veröffentlichung die „fehlende Versorgungsforschung und eine darauf beruhende Bewertung des medizinischen Nutzens kieferorthopädischer Behandlungen“. Der Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden e.V. dazu in einer aktuellen Stellungnahme.

Dr. Hans-Jürgen Köning, 1. Bundesvorsitzender des Berufsverbands der Deutschen Kieferorthopäden/BDK: „Wir sind schon sehr überrascht davon, mit welcher Leichtigkeit der Bundesrechnungshof einem seit langem etablierten Fachgebiet der Zahnheilkunde die Existenzberechtigung abspricht. Die geäußerte Kritik des Bundesrechnungshofes kann der BDK nur sehr partiell nachvollziehen, weite Teile sehen wir jedoch kritisch.“

Im Grunde nachvollziehbar ist für den BDK der Aspekt, im Bereich der Kieferorthopädie existiere zu wenig Versorgungsforschung. Aber: „Der medizinische Nutzen kieferorthopädischer Behandlungen steht nach unserer Auffassung keinesfalls in Frage.“ Sehr wohl existieren ausreichend Studien, die diesen wissenschaftlich belegen. Der BDK weiß, dass die DGKFO derzeit mit der Bewertung dieser Untersuchungen hinsichtlich des Evidenzniveaus befasst ist. Rein zahnmedizinisch bleibt es aber bei der Feststellung, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen Krankheiten darstellen, die der zahnärztlichen Behandlung bedürfen. In der gesetzlichen Krankenversicherung gilt dies ebenso wie für privatversicherte und beihilfeberechtigte Patienten. Für gesetzlich Versicherte ist der Leistungsanspruch bereits eingeschränkt, da nur Zahn- bzw. Kieferfehlstellungen ab einem bestimmten Schweregrad auf Kosten der Kassen behandelt werden können.

Nicht nachvollziehbar ist für den BDK hingegen die Kritik, dass „das Bundesgesundheitsministerium/BMG und die Krankenkassen kaum Einblick hatten, mit welchen kieferorthopädischen Leistungen Patientinnen und Patienten konkret versorgt wurden.“ Die Krankenkassen genehmigen jede kieferorthopädische Behandlung auf der Grundlage eines Behandlungsplans, in dem Diagnose, Art und Umfang der Behandlung usw. aufgeführt sind.

Ebenfalls nicht nachzuvollziehen ist für den BDK die Aussage, die Ausgaben der GKV pro Behandlungsfall (Fallkosten) hätten sich zwischen 2008 und 2016 ungefähr verdoppelt. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, der sich im BEMA* findet, ist seit 2008 unverändert geblieben. Eine Steigerung kann also nur durch die allgemeine Preisanpassung im Rahmen der Punktwerterhöhung erklärt werden. Diese liegen jedoch nur zwischen 17% und 23%.

Die Überlegung des BRH, dass bestimmte Selbstzahlerleistungen möglicherweise in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen gehörten, haben BDK, DGKFO und KZBV bereits im Jahr 2016 bei Abschluss einer Vereinbarung erörtert. Die DGKFO hat dabei klargestellt, dass der BEMA nach wie vor standardgerecht sei und eine ausreichende, wirtschaftliche und notwendige Versorgung der Versicherten gewährleiste. Darüber hinausgehende Leistungen seien oftmals wünschenswert, könnten aber nicht zulasten der Solidargemeinschaft erbracht werden.

Kritisch – und unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten hoch problematisch – bewertet der BDK auch die Forderung des BRH nach vollständiger Transparenz von Zusatzleistungen: Es muss gewährleistet bleiben, dass Entscheidungen des Patienten über individuelle Gesundheitsleistungen (IGEL- oder Zusatzleistungen) ausschließlich zwischen ihm und seinem behandelnden Arzt vereinbart werden. Daten hierüber dürfen das Behandlungsverhältnis nicht verlassen.