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"Wer die Zähne zeigen will, muss den Mund aufmachen"

Juliane von Hoyningen-Huene arbeitet als angestellte Zahnärztin in einer Berliner Praxis, engagiert sich seit ihrem Studium in politischen Ämtern und ist heute unter anderem Vorstandsmitglied der Zahnärztekammer Berlin. Im Interview erklärt sie, warum gerade junge Zahnmediziner in der Standespolitik mitmischen sollten und wie sie ihre praktische Tätigkeit mit ihrem politischen Engagement verbindet.

Was hat dich dazu motiviert, dich innerhalb der Zahnmedizin politisch zu engagieren? 

Ich handle gern nach dem Motto „Wer die Zähne zeigen will, muss den Mund aufmachen“. Ich war immer eher dazu geneigt, meine Meinung zu sagen und mich einzubringen. Ursprünglich war es die Uni, in der ich mich als Fachschaftssprecherin eingebracht habe. In so einem Mikrokosmos trauen sich wenige, auch mal unbequem zu sein. Ich hatte allerdings das Glück, dass es an unsere Uni in Leipzig wenige „große“ Probleme gab, ich hatte also einen schönen Job und das hat sich dann weiter entwickelt bis zu meinem Posten in der Zahnärztekammer. Eine große Motivation waren die Menschen, denen ich begegnete, als ich in diese Richtung gegangen bin. Andere zu treffen, die sich genauso aktiv und enthusiastisch für ihre Mitmenschen einsetzen, war eine große Bereicherung für mein Leben. Die Mitstreiter aus der Studentenpolitik sind jetzt enge Freunde, auf die ich nicht verzichten möchte in meinem Leben. Besonders bereichernd waren die internationalen Kolleginnen und Kollegen, von denen ich viel lernen durfte. 

Würdest du ein standespolitisches Engagement auch anderen Zahnärzten empfehlen? 

Es ist nicht für jeden Menschen geeignet. Man macht ständig einen Spagat zwischen Politik und Praxis. Wenn man sich noch fortbilden möchte, muss man privat Abstriche machen. Ich möchte immer auch eine gute Zahnärztin und immer up-to-date sein. Der politische Teil der Arbeit nimmt mit vielen wichtigen Sitzungen und Veranstaltungen in den Abendstunden sehr viel Zeit in Anspruch, und es sind eher Männer, die in der Standespolitik dominieren. Ich empfehle es auf alle Fälle, sich zu engagieren und wenn es „nur“ in einem Landesverband ist. Es hängt immer sehr von den Menschen ab, mit denen man zusammen arbeitet. 

Ist Standespolitik nicht nur etwas für langjährig gediente Zahnmediziner? 

Das würde ich nicht so sagen, es ist aber eventuell einfacher zu vereinbaren. Wenn eine Praxis schon viele Jahre erfolgreich läuft, die Kinder fast erwachsen sind und man sich auch etwas aus der Praxistätigkeit zurückziehen kann, ist es sicher einfacher. Man hat dann auch vielleicht aber auch weniger Enthusiasmus, und es könnte der Blick für die Probleme der jungen Kolleginnen und Kollegen fehlen. 

Es werden immer mehr Frauen unseren Berufsstand dominieren und viele - Frauen und Männer - arbeiten vermehrt in angestellter Tätigkeit. Das sollte sich auch in der Standespolitik widerspiegeln. Wir sind dennoch alle Freiberufler, oder dürfen zumindest das freiberufliche Denken nicht aus den Augen verlieren. Trotzdem haben angestellte Zahnärzte mit in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ganz andere Vorstellungen und Wünsche. 

Wie möchtest du in Zukunft praktische Tätigkeit und Politik verbinden? 

Ich arbeite schon seit Jahren nur in Teilzeit in der Praxis, das funktioniert sehr gut, zumal ich immer auch flexible Zeiten brauche für politische Termine. Daher weiß ich jetzt schon, dass ich wohl keine Praxis gründen werde in den nächsten Jahren. Aber dazu kommt noch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es ist mir sehr wichtig, neben all den beruflichen Verpflichtungen noch Zeit für die Familie zu haben. Daher bin ich im nächsten Jahr in Elternzeit und in der Kammer, dann wird wieder gebohrt.

Juliane, vielen Dank!