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Prothetik ist mehr als Zahnersatz: Zähne – Kiefer – Gesicht

Bildquelle: Freepik / Benzoix

Der 58. Bayerische Zahnärztetag verdeutlicht die Innovationskraft prothetischer Versorgung. Bereits das Motto „Prothetik ist mehr als Zahnersatz: Zähne – Kiefer – Gesicht“ zeigt, wie breit gefächert das Thema ist. Der zentrale Fortbildungskongress der bayerischen Zahnärzte findet vom 26. bis 28. Oktober 2017 im Hotel The Westin Grand München in München statt.

Moderne zahnärztliche Prothetik umfasst weit mehr als das Wiederherstellen von Funktionalitäten: Gleichzeitig erfüllt sie höchste Ansprüche an Ästhetik und Haltbarkeit. Mit den Möglichkeiten und Grenzen der prothetischen Versorgung beschäftigt sich der 58. Bayerische Zahnärztetag. Zwei Tage lang befassen sich Top-Experten und Teilnehmer mit praxisnahen Konzepten und Lösungen für unterschiedliche Indikationen. Wichtige Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung sind innovative Materialien und digitale Verfahren. Flankierende interdisziplinäre Themen wie Kieferorthopädie bei Erwachsenen, präprothetische Chirurgie, Bruxismus und Zahnersatz runden das Spektrum ab.

Veranstaltet wird der Bayerische Zahnärztetag von der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK) mit Unterstützung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB). Kooperationspartner sind in diesem Jahr die Deutsche Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien e.V. (DGPro) und der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa e.V. (BDIZ EDI).

Überblick zu Status quo und Innovationspotenzial

Mit ihrem Referat „Prothetik der Zukunft – Zukunft der Prothetik“ eröffnet Prof. Dr. Meike Stiesch, Hannover, am Freitag den Kongress für Zahnärzte und prognostiziert dem Fachgebiet spannende Aussichten. Triebfedern sind der steigende Bedarf aufgrund der demografischen Entwicklung sowie die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung bei Behandlungs- und Dokumentationsabläufen. Die Zusammenhänge zwischen langfristiger Versorgung, Gebrechlichkeit und Multimorbidität beleuchtet Prof. Dr. Frauke Müller, Genf, in „Altersprothetik“. Sie bespricht gerontologische Veränderungen und deren Einfluss auf die prothetische Therapie.

Bei der „Prothetischen Versorgung im Erosionsgebiss“ plädiert Prof. Dr. Daniel Edelhoff, München, für ein frühzeitiges Handeln. Mögliche Ursachen für den Verlust von Zahnhartsubstanz sind säurehaltige Nahrungsmittel oder Erkrankungen wie Bulimie und gastroösophagealer Reflux. Ein weiterer Auslöser ist Bruxismus. Doch wie lässt sich das nächtliche Knirschen und Pressen zuverlässig diagnostizieren? Diese Frage beantwortet Prof. Dr. Marc Schmitter, Würzburg, in „Bruxismus und Zahnersatz“. Außerdem resümiert er, welche Materialien und Behandlungsansätze bei Bruxern überhaupt geeignet sind.

Unterstützung durch Kieferorthopädie und Chirurgie

Mit „Kieferorthopädie – interdisziplinärer Partner in der Erwachsenentherapie“ erschließt Prof. Dr. Angelika Stellzig-Eisenhauer, Würzburg, ein Spezialgebiet, das im Vorfeld der restaurativen Versorgung an Relevanz gewinnt. Sie demonstriert, wie Zähne im Erwachsenenalter reorientiert, intrudiert, forciert extrudiert, verteilt und aufgerichtet werden können. Die „Präprothetische Chirurgie“ ist bereits integraler Bestandteil der implantatgetragenen Prothetik. Mit diesem Beitrag startet Prof. Dr. Dr. Karl Andreas Schlegel, München, in den zweiten Kongresstag. Hier spannt sich das Feld von der Guided Bone Regeneration (GBR) über Hart- und Weichgewebsaugmentationen bis hin zu Techniken des Weichgewebsmanagements.

Einordnen von Studien und Erfahrungswerten

Darüber hinaus kommen gängige prothetische Lösungsansätze auf den Prüfstand. Prof. Dr. Guido Heydecke, Hamburg, skizziert in „Stiftaufbauten – kurz oder lang, Glasfaser oder Keramik?“ die Studienlage und informiert über Indikationen, Materialien und werkstoffgerechte Befestigung. Prof. Dr. Matthias Kern, Kiel, referiert zum Thema „Minimaler Aufwand – maximaler Nutzen: die einflügelige Adhäsivbrücke und das mittige Einzelimplantat im zahnlosen Unterkiefer“. Er fasst klinische Daten zusammen und belegt, wie gut sich beide Verfahren seit ihrer Einführung vor zwanzig Jahren bewährt haben.

Ob „Kurze Implantate – eine Lösung für alle Fälle?“ sind, hinterfragt Prof. Dr. Dr. Rolf Ewers, Wien. Sein Fazit: Kurze und ultrakurze Implantate sind eine hervorragende Alternative bei geringerem operativem Aufwand, weniger Morbidität und niedrigeren Kosten. Bei der langfristigen Beurteilung von Implantatversorgungen gerät die Periimplantitis rasch in den Fokus. In „Zementiert versus verschraubt – implantatprothetische Aspekte im Problemfeld der Periimplantitis“ vergleicht Prof. Dr. Philipp Kohorst, Bremen, die Auswirkungen unterschiedlicher Befestigungskonzepte.

Innovationen bei Komponenten und Workflow

Die Digitalisierung eröffnet neue, komplexe Optionen auf dem Weg zur optimalen Patientenversorgung. Doch wie verändert sich der Behandlungsablauf durch CAD/CAM-Technologie bei der „Digitalen Abformung“? Prof. Dr. Ralph G. Luthardt, Ulm, zeigt, welche Faktoren eine Rolle spielen und warum gute Planung essenziell ist. Vollkeramische Technologien entwickeln sich ebenfalls rasant weiter und finden ihren Platz in der Implantatprothetik. In seinem Referat „Vollkeramik“ vermittelt Dr. Alexander Vuck, Düsseldorf, einen praxisnahen Überblick.

Sicherheit bei Rechtsform und Gesetzen

Der vertragszahnärztliche Themenblock wird wieder von der KZVB gestaltet. Im Juli 2015 hat das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz den Weg zur Gründung fachgruppengleicher Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) in Deutschland geebnet. Syndikusrechtsanwältin Claudia Rein, KZVB, umreißt Potenziale und Problemfelder in ihrem Vortrag „Das Zahnärztliche Medizinische Versorgungszentrum: Gründungsvoraussetzungen, Chancen und Risiken“. Rechtsanwalt Thomas Zimmer, Idstein, analysiert „Das MVZ aus steuerrechtlicher Sicht“ und warnt vor Fallstricken.

Der Unsicherheit beim „Antikorruptionsgesetz“ im Gesundheitswesen begegnet KZVB-Justitiar Andreas Mayer, München, mit Fakten. Er erläutert, wo Untiefen lauern und wie Praxisinhaber diese umschiffen können. Im Seminar „Speed-Dating mit dem Datenschutz – das müssen Sie in Ihrer Praxis mindestens leisten“ sensibilisiert der KZVB-Datenschutzbeauftragte Herbert Thiel, München, für Probleme und identifiziert Maßnahmen, um diese zu vermeiden. Nach diesen fundierten Praxistipps endet der 58. Bayerische Zahnärztetag mit einer Abschlussdiskussion.