Selbstständigkeit: Zahnmedizin pur
Studium, Promotion, Master, und bereits fünf Jahre nach der Approbation Mit-Inhaber einer Gemeinschaftspraxis in Bielefeld, seit Beginn 2015 alleiniger Inhaber. Diese Eckpunkte aus dem Lebenslauf von Dr. med. dent. Art Timmermeister klingen nach dem klassischen Berufsweg eines Zahnmediziners. Dabei hat sich Art auch durchaus andere Formen der Berufsausübung innerhalb der Zahnmedizin erschlossen: Als ehemaliger Vorsitzender des Bundesverbandes der Zahnmedizinstudenten in Deutschland und als Gründungsmitglied sowie Schriftführer des Bundesverbandes der zahnmedizinischen Alumni in Deutschland hat er sich politisch engagiert und ist bis heute auch in der dentalen Wirtschaft aktiv.
Sein Schwerpunkt liegt jedoch nach wie vor auf der "klassischen" Ausübung der Zahnheilkunde am Stuhl in eigener Praxis. Im Interview spricht er über seine Begeisterung für den Zahnarztberuf.
"Jedem sollte bewusst sein, dass das Zahnmedizinstudium mehr als nur ein Berufsbild mit sich bringt."
Art, obwohl du auch in der Standespolitik aktiv warst und wirtschaftlich über deine Tätigkeit in der Praxis hinaus weitere Standbeine hast, konzentrierst du dich schwerpunktmäßig auf die Ausübung der Zahnheilkunde. Inwiefern genießt du es, als Zahnmediziner die Wahl zu haben, wie stark du deinen Beruf fachlich, politisch oder unternehmerisch auslebst?
Heute genieße ich das sehr! Besonders weil ich glaube, dass diese Freiheit der Berufswahl nicht selbstverständlich ist. Das war aber nicht immer so. Ich habe das Zahnmedizinstudium ergriffen, weil ich Zahnarzt in eigener Praxis werden wollte. Das Studium selbst betrachtete aber nicht den Zahnarzt in seiner Praxis, sondern nur den Zahnmediziner in der Patientenbehandlung. Wesentliche Fragen der zukünftigen Berufsausübung blieben ausgeklammert. Ich wusste also während des Studiums gar nicht genau, was die Tätigkeit in eigener Praxis überhaupt bedeutet.
Dass ich meinen Beruf nicht nur fachlich, sondern eben auch politisch oder unternehmerisch ausleben können werde, war mir anfänglich nicht bewusst. Im Gegenteil: Lange Zeit schlossen sich für mich diese Tätigkeiten gegenseitig aus. Nach meinem Empfinden war eine politische oder unternehmerische Berufswahl eine Abkehr von dem eigentlichen Zahnarztberuf.
Erst die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit und generelles Verständnis dafür, dass eine Entscheidung für eine Tätigkeit auch über die Patientenbehandlung hinaus nicht gleichzeitig eine Entscheidung gegen die klassische zahnärztliche Berufsausübung ist, gaben mir die Möglichkeit, meine Situation als privilegiert zu verstehen und auch entsprechend zu nutzen. Ich konnte die zahnärztliche Tätigkeit in freiberuflicher Praxis kennenlernen und ohne Existenzsorgen für mich noch einmal neu entscheiden, ob das ursprüngliche Berufsbild, das der Grund meiner Studienwahl war, auch tatsächlich das ist, was ich beruflich machen möchte.
So umfangreiche Wahlmöglichkeiten wie ich sie hatte, hat sicherlich nicht jeder. Aber jedem sollte bewusst sein, dass es sie gibt und dass das Zahnmedizinstudium mittlerweile mehr als nur ein mögliches Berufsbild mit sich bringt.
Warum hat die praktische Zahnheilkunde gegenüber den anderen Möglichkeiten, die dir deine Vita bieten, für dich den höchsten Stellenwert?
Praktische Zahnmedizin bietet für mich die größte selbstbestimmte Gestaltungsmöglichkeit. Insbesondere seinen Arbeitsort und seine Arbeitszeiten für sich selbst wählen zu können, sind ein wahrer Luxus für das Privatleben. Der eigentliche Grund liegt aber im „Praktischen“: Ich liebe es, nicht nur geistig, sondern eben auch manuell zu arbeiten. Zahnarzt zu sein ist ein toller Beruf, bei dem man mit dem Kopf und den Händen arbeiten muss um erfolgreich zu sein.
Nach welchen Kriterien hast du in deiner Zeit als Assistent und auch danach die Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen ausgesucht, die dich deinen beruflichen Zielen am nächsten bringen?
Einzig und alleine nach der Qualität. Ich komme und lebe in Bielefeld, da ist „Qualität das Beste Rezept“ nicht nur beim Pudding :-)
Die Frage ist nur, wie man die Qualität einer Fortbildung erkennt, bevor man sie besucht hat. Meine Fortbildungen wähle ich nach folgenden Kriterien aus: Zum einen hat ein guter Referent, der mit wenig oder gar keiner Industrieunterstützung arbeitet, seinen Preis und muss bezahlt werden. Ein Referent arbeitet auch immer für den, der ihn bezahlt: Industrieausstellungen sind zwar eine gute Subventionierung einer Veranstaltung, dürfen aber nicht das primäre Interesse des Veranstalters sein.
Dann muss ich wissen, wie mein derzeitiger Wissenstand ist und was ich verbessern will. Für einen ersten Überblick zu einem Themengebiet reichen kostengünstige Großveranstaltungen. Das macht Lust auf mehr, bringt aber wenig für den Praxisalltag. Wer hier tiefer ins Detail gehen will, sollte nach kleineren Veranstaltungen suchen. Am besten sind dann Kurse über drei Tage mit Theorie und Praxis. Dabei sind Livedemonstrationen gut, Hands-On ist noch besser und eine echte Patientenbehandlung das non plus Ultra. Letzteres ist sehr selten und abhängig vom Themengebiet sehr schwer zu realisieren. Alternativ kann mit einem erfahreneren Kollegen Hospitationen vereinbaren.
Was das Programmheft verspricht, klingt gut, was der Kurs tatsächlich taugt, verraten Kollegen: Wer wissen möchte, welcher Referent sich nicht nur in der Theorie gut auskennt, sondern auch dazu in der Lage ist, seinem Publikum praktische Tipps mit an die Hand zu geben, sollte durchaus etwas Zeit investieren und sich Erfahrungsberichte von befreundeten Kollegen einholen.
Ein Geheimtipp sind die Kursprogramme der lokalen Kammern, die oft nicht mal übers Internet einsehbar, dafür aber häufig preiswerter und liebevoller organisiert sind als die großen Fortbildungsveranstaltungen. Hierbei empfiehlt es sich auch den Referenten anzuschreiben, ihn nach den geplanten Veranstaltungen des kommenden Halbjahres zu fragen und diese dann über die entsprechende Kammer zu buchen.
Was sind deiner Meinung nach die Vorteile einer zügigen Niederlassung nach dem Studium?
Zügig ist gut! Sich zügig niederlassen heißt für mich nichts zu überstürzen aber auch die Chancen zu nutzen, die sich einem ergeben. Dann kann man mit Zeit und Elan seinen Arbeitsplatz der Zukunft selbst schaffen und gestallten.
Art, vielen Dank!
Interview vom 22.01.2014
Über Art
Während des Zahnmedizinstudiums war Art vier Jahre lang Vorsitzender des Bundesverbands der Zahnmedizinstudenten in Deutschland e.V. (BdZM) und beteiligte sich an der Entwicklung der dentalfresh, die heute das auflagenstärkste Magazin für junge Zahnmediziner ist. Ein weiteres wichtiges Projekt während seiner Zeit beim BdZM war der Aufbau des größten deutschen Wissensportals rund um das Zahnmedizinstudium www.zahniportal.de.
Nachdem Art sein Studium 2008 abschloss, arbeitete er bis 2011 als Weiterbildungsassistent für Parodontologie in der Praxis von Dr. Hans-Georg von der Ohe. Im Herbst 2012 wurde ihm für seine Dissertation über die Lehrsituation an deutschen Zahnmedizinstandorten der Doktortitel verliehen. 2012 absolvierte Art erfolgreich den Studiengang Master of Science für Parodontologie und Implantattherapie. Seit Anfang 2015 führt er die Praxis in Bielefeld allein und eigenverantwortlich.
Stand: 26. August 2016