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Praxisformen


Wer sich — meist nach einigen Jahren der Anstellung — entschließt, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen, steht vor einer Vielzahl von Möglichkeiten und Entscheidungen. Nicht nur Beschlüsse über Standort, Rechtsform und allgemeines Konzept sind zu fällen, über allem steht erst einmal die Überlegung, ob man seine künftige Tätigkeit als niedergelassener Zahnarzt allein oder in Gemeinschaft mit anderen ausüben möchte. Fällt die Wahl auf Letzteres, ist der Entscheidungsprozess damit noch nicht am Ende, denn die Kooperation mit anderen Zahnmedizinern besteht wiederum in drei sehr unterschiedlichen Formen.

Dents.de möchte an dieser Stelle einen ersten Überblick über die zulässigen Praxisformen geben. Wer sich hierüber hinaus eingehender mit der Thematik befassen möchte, findet am Ende dieses Artikels weitergehende Informationen.

Die Einzelpraxis — nicht nur für Individualisten

Die klassische und auch heute noch häufigste Form der zahnärztlichen Berufsausübung ist die Einzelpraxis. Alleinverantwortlichkeit ist hier das Stichwort: Alle Entscheidungen, ob im medizinischen oder unternehmerischen Sinne, trifft nur der Praxisinhaber, er allein trägt auch deren Folgen.

Die Berufsausübung eines selbstständigen Zahnarztes ist mit dem Praxissitz an einen festen Ort gebunden. Unter Umständen ist die Ausübung der zahnärztlichen oder vertragszahnärztlichen Tätigkeit auch an anderen Orten bzw. in anderen Praxen zulässig, wenn dies die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten an allen Ausübungsorten nicht beeinträchtigt. Gegebenenfalls sieht die jeweilige Berufsordnung eine Begrenzung der Anzahl der Zweitpraxen vor.

Der Inhaber einer Einzelzahnarztpraxis ist mit dem Praxisgewinn einkommens- sowie evtl. vermögenssteuerpflichtig, vereinzelt kann optional auch eine Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft erfolgen. Der selbstständige Zahnarzt unterliegt nicht der Pflicht zur Sozialversicherung, statt dessen ist er in der Regel Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

Auch wenn Einzelpraxen heute zunehmend durch verschiedene Formen der Kooperation abgelöst werden, haben sie auch weiterhin ihre Berechtigung. Besonders in dünner besiedelten Gebieten, speziell im ländlichen Raum, ist die Verteilung vieler Einzelpraxen auf großer Fläche sinnvoller als wenige Gemeinschaftspraxen mit weitem Einzugsgebiet. Um wirtschaftlich und zukunftssicher praktizieren zu können, sind beispielsweise Kooperationen mit anderen Einzelpraxen denkbar. 

Die Gemeinschaftspraxis in ihren verschiedenen Formen

Jede weitere selbstständige Ausübung zahnärztlicher Tätigkeit in Kooperation ist in drei Formen möglich: der Berufsausübungsgemeinschaft, der Praxisgemeinschaft und seit einigen Jahren auch in Form von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).
Alle drei Varianten sind, teils aus wirtschaftlichen Motiven, teils aus demografischen oder auch politischen Gründen, seit Jahren auf dem Vormarsch. 

Die Berufausübungsgemeinschaft (BAG)

Die Berufausübungsgemeinschaft (früher Gemeinschaftspraxis) bezeichnet die wohl engste Form der Zusammenarbeit zwischen mehreren selbstständigen Medizinern. Grundlage der gemeinsamen Berufsausübung ist ein Gesellschaftsvertrag. Dieser schreibt die gemeinsame zahnärztliche Tätigkeit mehrerer niedergelassener Zahnärzte fest, die sowohl Räumlichkeiten und Praxiseinrichtung als auch Personal gemeinsam in Anspruch nehmen und sich zur gemeinsamen Karteiführung verpflichten.

Die gemeinsame zahnärztliche Berufsausübung in Form einer BAG ist unter allen Vertragszahnärzten möglich. Sie muss vorab durch den Zulassungsausschuss der KZV genehmigungt werden.

Neben dem gemeinsamen Praxissitz können weitere Standorte — auch überortlich bzw. über mehrere KZV-Bezirke — geführt werden. Hierzu muss gewährleistet sein, dass an jedem Praxissitz mindestens ein BAG-Mitglied hauptberuflich tätig ist. Die Tätigkeit eines Zahnarztes der BAG an einem anderen BAG-Standort setzt voraus, dass diese nur zeitlich begrenzt ist und die Erfüllung der Versorgungspflicht am eigenen Vertragszahnarztsitz aufrecht erhalten wird. Die Wahl des gemeinsamen Vertragszahnarztsitzes will besonders in dem Fall, dass Mitglieder mehrerer KZVen in der BAG tätig sind, sorgfältig bedacht sein. Dieser ist für die Genehmigungsentscheidung und die gesamte Leistungserbringung der BAG maßgeblich, ein nachträglicher Wechsel ist nur mit erheblichem Aufwand möglich.  

Auch Teilberufsausübungsgemeinschaften sind zulässig, sofern es sich nicht um eine Kooperation zwischen zwei Parteien handelt, bei denen die eine Seite überweisungsberechtigt ist, während die andere überweisungsgebundene medizinisch-technische Leistungen erbringt. Auch darf die gemeinsame Berufsausübung nur einzelne Leistungen betreffen. So könnten beispielsweise ein chirurgisch tätiger Zahnarzt einerseits und ein prothisch tätiger Zahnarzt andererseits zusammen eine übergreifende implantologische Versorgung vereinbaren. Neben den gemeinsamen zahnärztlichen Leistungen werden den beteiligten Zahnärzten einer Teilberufsausübungsgemeinschaft Gewinne entsprechend ihrem persönlich erbrachten Anteil an der gemeinschaftlichen Leistung zugewiesen.

Relevante Gesellschaftsformen für eine Berufsausübungsgemeinschaft sind die BGB-Gesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft oder die GmbH. Dementsprechend sind auch die Steuerpflichten von der jeweiligen ausgeübten Rechtsform abhängig. Wie bei Einzelpraxisinhabern besteht auch für die Mitglieder der BAG zumeist die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

Positive Aspekte einer Berufsausübungsgemeinschaft sind neben dem dem häufig erweiterten Leistungsspektrum durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Spezialisten an einem Standort auch die wirtschaftlichen Vorzüge durch gemeinsam genutzte Ressourcen. 

Die Praxisgemeinschaft

Auch die Praxisgemeinschaft nutzt den Vorteil der gemeinsamen Inanspruchnahme von Räumlichkeiten, Gerätschaften und Personal. Im Gegensatz zur BAG liegen hier allerdings ausschließlich  organisatorische und wirtschaftliche Überlegungen ohne Gewinnerzielungsabsicht zugrunde, eine gemeinschaftliche Behandlung von Patienten ist nicht Ziel der Praxisgemeinschaft.

Viele Varianten einer Praxisgemeinschaft sind möglich, von der Kooperation zweier Einzelpraxen über Ärztehäuser bis hin zu Gesundheitszentren oder auch Sonderformen wie Apparate- oder Praxislaborgemeinschaften. Der Gründung einer Praxisgemeinschaft voran steht immer die Anzeige bei der zuständigen KZV.

Jeder Zahnarzt innerhalb der Gemeinschaft betreut seinen eigenen Patientenstamm in seiner eigenverantwortlich geführten Praxis. Haftbar bei fehlerhafter Berufsausübung ist mit wenigen Ausnahmen der Zahnarzt selbst. Behandlungsverträge mit den Patienten schließt nur er, nicht die Praxisgemeinschaft, die daher in keiner vertraglichen Beziehung mit dem Patienten steht. Die Praxisgemeinschaft tritt dagegen immer dort als Vertragspartner auf, wo Leistungen gemeinsam genutzt werden, z.B. gegenüber Vermietern oder Lieferanten.  

Bei der gemeinsamen Nutzung von Räumlichkeiten ist zu beachten, dass trotz eines einzigen Empfangs oder Wartezimmers die ärztliche Schweigepflicht streng beachtet werden muss. Dies erfordert insbesondere Maßnahmen zur strikten Trennung der Patientendokumentationen.

Im Gegensatz zur BAG ist eine Praxisgemeinschaft auch zwischen Vertragszahnärzten und solchen ohne Kassenzulassung wie auch anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen zulässig. Darüber hinaus gelten für jeden Vertragszahnarzt innerhalb der Gemeinschaft die diesbezüglichen Regelungen für Einzelpraxen.

In der Regel wird die Praxisgemeinschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft oder GbR betrieben, seltener auch als GmbH. Eine Partnerschaftsgesellschaft kommt mangels gemeinsamer Berufsausübung nicht in Frage. Das Gesellschaftsvermögen wird durch alle Mitglieder der Praxisgemeinschafts verwaltet, zu empfehlen ist die vertragliche Vereinbarung zur Regelung der gemeinsam genutzten Komponenten inklusive des Personals sowie aller finanziellen Aspekte.

Wie der Inhaber einer Einzelpraxis und die Beteiligten einer Berufsausübungsgemeinschaft sind auch die Partner einer Praxisgemeinschaft nicht sozialversicherungspflichtig, sondern in der Regel Pflichtmitglied ihrer zuständigen Versorgungseinrichtung.

Die Praxisgemeinschaft vereint Elemente einer Einzelpraxis und einer Berufsausübungsgemeinschaft. Die Gesellschafter nutzen den Vorteil der gemeinsam beanspruchten Komponenten wie Räumlichkeiten oder Personal, führen aber gleichzeitig ihre Praxis eigenständig und selbstverantwortlich. Auf der anderen Seite stehen alle Beteiligten, besonders wenn sie keine Spezialisierung vorliegt ausweisen, auch immer im gegenseitigen Wettbewerb. Den Sprung in die Selbstständigkeit bei Neugründung einer Praxis kann eine Praxisgemeinschaft erleichtern, da ein Großteil der Anschaffungen, die bei der Niederlassung in einer Einzelpraxis anstehen, bereits vorhanden ist. 

Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ)

Mit seiner Einführung Anfang 2004 noch verhältnismäßig jung ist das Konzept der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Ziel dieser Kooperationsform ist die Erweiterung der vorhandenen Versorgungsstruktur und ein verstärkter Wettbewerb zwischen den Versorgungsformen. Die in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätigen Ärzte können sowohl angestellt als auch als Vertrags(zahn)arzt tätig sein. Während der überwiegende Teil der Geschäftsführer Zahnärzte sein muss, denen auch die Mehrheit von Gesellschaftsanteilen und Stimmrechten zusteht, können auch Nichtmediziner an der Leitung eines MVZ beteiligt sein. Eine Beteiligung Dritter am Gewinn der Gesellschaft ist nicht zulässig.

Das Medizinische Versorgungszentrum als solches wird zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen, Mitglied der jeweiligen Zahnärztekammer sind aber nur die dort tätigen angestellten Zahnärzte bzw. Vertragszahnärzte.

Mögliche Rechtsformen eines MVZ sind die GbR, die GmbH sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Partnerschaftsgesellschaft. Die beteiligten Gesellschafter verpflichten sich selbstschuldnerisch im Rahmen einer Bürgschaftsurkunde und haften persönlich gegenüber der KZV. Gründungsmitglieder können neben Ärzten und Zahnärzten alle zugelassenen Leistungserbringer sein, Zahntechniker sind nicht beteiligungsfähig.

Wie bei den anderen Kooperationsformen sind auch in einem Medizinischen Versorgungszentrum Vertragszahnärzte über die Pflichtmitgliedschaft ihrer Versorgungseinrichtung abgesichert, während für angestellte Zahnärzte des MVZ die Sozialversicherungspflicht gilt.

Vertragsärztliche Leistungen werden zunehmend durch Medizinische Vorsorgungszentren abgedeckt, auf dem vertragszahnärztlichen Sektor sind diese jedoch weiterhin eher eine Ausnahme. Bestimmte Vorteile, die bis zur Reform durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz ausschließlich an die MVZ geknüpft waren, wie beispielsweise die Zulassungskontinuität, können heute zum Teil auch in anderen Kooperationsformen wahrgenommen werden und machen diesen gegenüber die Gründung eines MVZ häufig wenig interessant. 

Mehr Informationen

Wer sich eingehender mit den verschiedenen Praxisformen befassen möchte, erhält bei der Bundeszahnärztekammer den Leitfaden Formen zahnärztlicher Berufsausübung.