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Freie Ärzteschaft: Spahns neues Gesetz verschärft den Ärztemangel

Bild: pixelio.de / birgitH

Der aktuelle Entwurf eines Terminservice- und Versorgungsgesetzes von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geht nach Einschätzung der Freien Ärzteschaft (FÄ) in die falsche Richtung. "Diese Pläne dürften viele Ärzte davon abschrecken, weiter als Vertragsarzt zu arbeiten oder sich als Vertragsarzt in eigener Praxis neu niederzulassen", sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich am Donnerstag in Essen. Spahn versuche mit seinem Gesetz, eine Quadratur des Kreises zu vollziehen.

"Statt die überholte Kostendämpfungspolitik mit Budgets und Billigpauschalen in der ambulanten Medizin endlich abzuschaffen, versucht man jetzt, den Ärzten auch noch höhere Arbeitszeiten staatlich zu verordnen. Die meisten Praxisärzte arbeiten mit 52 Wochenstunden längst am Anschlag", betont Dietrich. In einer freiheitlichen Gesellschaft könne es durch staatlichen Zwang keine "Planüberfüllung" geben. Und da die Kassen erklärt hätten, die geplante Erhöhung der Sprechstundenzeit um 25 Prozent nicht bezahlen zu wollen, laufe das Ganze nicht auf mehr Zeit für bessere Medizin hinaus, sondern auf Massenabfertigung und unzufriedene Patienten und Ärzte.

Die von den Ärzten finanzierten Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) werden immer mehr zu halbstaatlichen Unterbehörden von Kassen und Politik gemacht. Der FÄ-Chef erläutert das: "Die KVen sollen kontrollieren, wie lange Ärzte in ihren Praxen arbeiten, und diese sanktionieren. Sie sollen von den Vertragsärzten finanzierte Medizinische Versorgungszentren aufbauen und damit in Konkurrenz zu ihren Vertragsärzten treten. Die Terminservicestellen sollen einen 24-Stunden-Notdienst organisieren - weder ist eine zusätzliche Finanzierung gesichert, noch ist die Effizienz in diesen Einrichtungen nur ansatzweise so hoch wie in den freien Arztpraxen. All das wird nicht mehr und bessere medizinische Behandlung schaffen, ganz im Gegenteil."

Auch die von Spahn angekündigte Pflicht der Krankenkassen, den Versicherten eine elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen, auf die sich auch per Smartphone und Tablet zugreifen lässt, löst kein Problem im deutschen Gesundheitswesen. Das sagte FÄ-Vize Dr. Silke Lüder in Hamburg. "Spahn weist gern darauf hin, dass andere Länder hier schon viel weiter seien. Seiner Meinung nach kann Datenschutz eher etwas für Gesunde sein. Die großen Datenverluste in anderen Ländern ignoriert er offenbar: Beispielsweise wurden kürzlich in Singapur Krankheitsdaten von 1,5 Millionen Menschen gehackt, auch die des Staatspräsidenten. Führende Datenschutzexperten in Deutschland haben klar gemacht, dass man sensible Daten auf Smartphones und Tablets nicht schützen kann. Auch dieser Teil des Gesetzes geht in eine gefährliche Richtung." Hier entstehe ein inakzeptables Sicherheitsrisiko in unserer Gesellschaft und die Kommunikation in der Medizin werde nicht verbessert.

"Wir empfehlen dem Minister, die echten Probleme im Gesundheitswesen in den Blick zu nehmen. Andernfalls trägt er die Verantwortung dafür, dass ein immer noch international anerkanntes System gegen die Wand fährt", betont FÄ-Chef Dietrich.