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Starke Zunahme an Hauttumoren im Gesicht

Patient mit Basalzellkarzinom im Gesicht vor und nach Tumorentfernung und plastischer Rekonstruktion
Bild: PD Dr. Dr. Heidrun Schaaf

OPs immer häufiger ambulant möglich

| Plastische Gesichtschirurgie bei Hauttumoren: Das ist in-zwischen immer häufiger ambulant und mit möglichst unauffälligen Narben machbar. Ein Fortschritt, von dem zunehmend mehr Patienten profitieren, denn die Inzidenz von Hauttumoren ist im letzten Jahrzehnt stark angestiegen. Zum einen ist dies auf die Veränderungen der gesellschaftlichen Altersstruktur, aber auch auf die Intensität der Sonnenexpositionen der Haut zurückzuführen. Diese Entwicklung stellt auch weiterhin eine Herausforderung für die Behandlung, Früherkennung und Anwendung zeitgemäßer operativer Techniken und stringenter histologischer Kontrolle dar. Was geht aktuell bei welchen Voraussetzungen? Dies wurde im Juni am Beispiel eines Patientenfalls auf der Jahres-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) anlässlich des großen 69. Kongresses in Frankfurt vorgestellt.

Begünstigende Faktoren bei der Hautkrebsentstehung sind UV-Licht, genetische Faktoren, Röntgenstrahlen, Immunsuppression und chronische Wunden. Grob unterscheidet man zwischen „schwarzem“ (Melanom) und „weißem“ Hautkrebs. Unter den weißen Hauttumoren sind das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinom und das Merkelzellkarzinom als hauptsächliche Entitäten zu erwähnen. Epidemiologie, Diagnostik und Therapie werden in den Leitlinien der Fachgesellschaft aufgearbeitet.

Vor allem in der MKG-Chirurgie sind bei Tumoren der Gesichtshaut die Entfernung und die ästhetische Rekonstruktion äußerst anspruchsvoll. Dies zeigt die Therapie und plastische Rekonstruktion eines Basalzellkarzinoms im Gesicht des heute 71jährigen Patienten.

Basalzellkarzinom mit Vorgeschichte

Bei dem heute 71jährigen Mann wurde bereits vor ca. 15 Jahren eine Hautveränderung neben der Nase durch den Hautarzt entfernt. Histologisch handelte es sich um ein Basalzellkarzinom, welches im weiteren Verlauf erneut auftrat und mehrfach durch den Hautarzt operiert wurde. Ob die Ränder des Präparates histologisch auf Tumorfreiheit untersucht wurden, ist unklar. In 2016 wurde der Patient mit einem großen Rezidiv erstmals in der Gießener Praxis Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bei PD Dr. Dr. Heidrun Schaaf vorgestellt. 

Entfernung des Tumors und histologische Diagnostik – Mikrographische Chirurgie

Ein alleiniges Kürettieren im Sinne von „Abschaben“ oder Lasertherapie ist nicht indiziert, da keine histologische Randbeurteilung möglich ist. Damit ist keine sichere Entfernung gewährleistet. Die Therapie der ersten Wahl ist gemäß Leitlinien die vollständige operative Entfernung mit Sicherheitsabstand. Die Entfernung des Tumors kann ambulant in örtlicher Betäubung erfolgen und ist wenig belastend für den Patienten. Mit einem überschaubaren Wundverband kann er wieder nach Hause gehen und ein stationärer Aufenthalt ist nicht notwendig.

Das Basalzellkarzinom sollte mit einem leitliniengerechten Sicherheitsabstand von mindestens 3 mm zuverlässig in toto entfernt werden. Eine histologische Kontrolle ist obligat. Unter den Basalzellkarzinomen gibt es verschiedene Typen, unter anderem das solide, gut abgrenzbare, aber auch das sklerodermiforme Basalzellkarzinom, welches durch ausgeprägte Tiefenaus-breitung und klinisch unsichtbare Tumorstränge imponiert. Hier ist ein zweizeitiges Vorgehen unter mikrographischer Kontrolle indiziert. Nach operativer Entfernung ist es aus onkologischer Sicht zunächst indiziert, die histologische Aufarbeitung der Schnittränder abzuwarten, bevor eine plastische Deckung des Defekts folgt. Dabei wird eine definierte histologische Schnittrandkontrolle durchgeführt, während die Wunde selbst zunächst offenbleibt. Somit kann topographisch orientiert die histologische Aufarbeitung mit Lokalisationszuordnung vorgenommen werden und dann ggf. residuale1 Tumorbestandteile innerhalb der Wunde gezielt nachgeschnitten werden. Diese mikrographische Chirurgie durch perfekte Kooperation der Fachabteilungen Pathologie und Mund- Kiefer-Gesichtschirurgie ergibt für den Patienten eine große Therapiesicherheit. 

Die Rezidivhäufigkeit, das Wiederauftreten des Tumors, wird verschwindend klein, verglichen mit alternativen Therapien wie photodynamischer -, Laser- oder Kryotherapie. Bei dem hier vorgestellten Patienten ergab die Histologie ein solides und zentral pseudozystisch-regressiv verändertes Basalzellkarzinom (Basaliom). Zur Tiefe musste nachreseziert werden. Nach bestätigter vollständiger Entfernung konnte die plastische Deckung geplant werden.

Plastische Deckung des Defekts

Hautdefekte im Kopf-Halsbereich erfordern eine gut durchdachte Therapieplanung und Durchführung durch einen erfahrenen Chirurgen. Aus den verschiedenen Therapieoptionen wählt der Chirurg gemeinsam mit dem Patienten eine für die Situation passende Methode aus dem Spektrum von der sichersten und am wenigsten invasiven bis hin zur komplexen Technik aus. Die Methoden reichen von Nahlappenplastik mit Verschiebung und Rotation von Haut, über freie Hauttransplantate, bis hin zu komplexen Lappenplastiken. Die Behandlung im Bereich der Nase, Ohren und Lider stellt eine besondere Herausforderung dar und erfordert eine fundierte Kenntnis der Anatomie und Chirurgie. Vor allem in der MKG-Chirurgie bei Tumoren der Gesichtshaut sind die Entfernung und die ästhetische Rekonstruktion äußerst anspruchsvoll. Bei dem hier vorgestellten Patienten wurde zur Defektdeckung an der Nase eine Kombinationsplastik mit lokalen Lappen vorgenommen. Die ästhetischen Untereinheiten des Gesichts sowie die Hautspannungslinien sind zu berücksichtigen. Funktion und Ästhetik stehen im Vordergrund, der Lidschluss und die Nasenatmung sollen nicht beeinträchtigt werden. Die Behandlung wird in lokaler Betäubung, ggf. mit leichter Sedierung als ambulante Operation durchgeführt. Der Patient muss nicht mehr tagelang stationär behandelt werden. 

Zusammenfassung

Früh erkannt, ist Hautkrebs heilbar. Die Aufklärung der Patienten über Sonnenschutz wie Lichtschutzcreme und Kopfbedeckung sowie regelmäßiges Screening der gesamten Haut bei Risikopatienten stellen eine zentrale Aufgabe dar. Bei Auftreten eines Hauttumors sind die vollständige sichere Entfernung mit histologischer Kontrolle und ästhetisch funktioneller Re-konstruktion das primäre Ziel. Nach Behandlung eines bösartigen Hauttumors ist eine risiko-adaptierte Nachsorge über mindestens vier Jahre sinnvoll.