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Virtuelle Planung von Gesichts-OPs immer beliebter

Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG)

Die Trends von morgen halten zunehmend Einzug in die moderne MKG-Chirurgie: Die digitalen 3D-Technologien ermöglichen die exakte virtuelle Planung, Simulation und Durchführung von Gesichts-OPs wie beispielsweise Fehlbisskorrekturen. Bisher wurden Ober- und Unter-kieferumstellungen, die sogenannte Dysgnathiechirurgie, sowie die Korrektur von Asymmetrien überwiegend anhand konventioneller 2D-Bildgebung und Gipsmodellen geplant und durchgeführt. Das ist zwar zeit- und kosteneffizient, kann aber zu Fehlinterpretationen und -planungen sowie Ungenauigkeiten führen.

Innovative Kieferumstellung am PC: Knochen und Gewebe in virtueller Bestform  

Die virtuelle 3D-Planung ist grundsätzlich nichts Neues und wird bereits seit rund 10 Jahren unter anderem bei Kieferumstellungs-OPs eingesetzt. Doch gerade in den letzten Jahren hat sie eine rasante Weiterentwicklung durchlaufen. Dies wurde durch die hohe Verfügbarkeit an 3D-Bilddaten unterstützt, insbesondere seit der Einführung der Digitalen Volumentomografie (DVT), die eine 3D-Aufnahme des gesamten Gesichtsschädels des Patienten im Stehen und ohne Veränderungen des Weichgewebes erlaubt – zudem bei extrem reduzierter Strahlenbelastung für den Patienten im Vergleich zur Computertomografie (CT). Gleichzeitig wurden neue Software-Programme entwickelt, die jetzt auch unter anderem die hochpräzise 3D-Kopfvermessung inklusive Darstellung der anatomisch relevanten Strukturen und Gesichtsnerven, eine 3D-Analyse der Atemwege, eine 3D-Planung der bestmöglichen Knochenumstellung und zusätzlich sogar eine 3D-Simulation der Weichgewebe ermöglichen. Somit bietet die virtuelle 3D-Planung den wesentlichen Vorteil, die zahntragenden Kieferabschnitte frei in allen drei Raumebenen neu zu positionieren, die Durchtrennungslinien ganz individuell auch hinsichtlich anatomischer Besonderheiten zu planen und das Ergebnis schon vorher anhand einer Weichgewebssimulation zu überprüfen.

Mit einer sehr cleveren Software wird es möglich, am Computerbildschirm zuerst den Oberkiefer oder den Unterkiefer in die ideale neue Position zu bringen. Virtuell wird dann das für den Patienten beste Ergebnis berechnet. Hieraus ergibt sich eine minimalinvasive Operationstechnik, welche in den Operationssaal übernommen werden kann.  

Die computergestützte Chirurgie besteht somit zum einen aus der virtuellen Planungsphase, der Umsetzung der virtuellen Planung mittels Schablonen und patientenspezifischer Implantate und letztendlich der OP-Durchführung mit Navigation und Bildgebung während des Eingriffs sowie der Bewertung des Operationserfolges und möglicherweise weiterer Maßnahmen.

Die individuell erforderlichen „Hilfsmittel“ (z. B. Modelle bzw. Nachbildungen von Schädelteilen, Schablonen zur exakten Gewebepräparation, patientenspezifische Implantate zur Fixierung oder als Knochenersatz) werden dabei immer häufiger mithilfe spezieller 3D-Drucker hergestellt. Erste Studienergebnisse bestätigen die hohe Genauigkeit durch patientenspezifische Implantate.  

Generell profitieren die Patienten neben den exakt vorhersehbaren optimierten Ergebnissen von einer deutlich reduzierten Belastung durch die Operation. Die notwendigen Knochenschnitte können exakt eingebracht werden, die Verlagerung der Kiefer ist sehr genau berechnet.  

Science (fiction) oder digitale Zukunft?

Viele dieser innovativen Techniken werden inzwischen immer öfter insbesondere in den größeren MKG-Kliniken Deutschlands eingesetzt. Die Herausforderung besteht aktuell darin, diese neuen virtuellen 3D-Möglichkeiten effizient in die gesamte klinische Routine zu integrieren.

Darüber hinaus bietet die smarte Technik noch „Luft nach oben“: Derzeit können bei der 3D-Gesichtsanalyse Knochen-, Weichteil- und dentale Referenzpunkte – also rein statische Messungen - integriert werden. Doch wie sieht es mit dynamischen Aspekten aus, beispielsweise der Simulation der Zähne beim entspannten Lächeln? Eine 4D-Planung könnte die gewünschten Informationen liefern. Aber das ist für den Praxisalltag noch Zukunftsmusik. Bleibt abzuwarten, was uns der digitale Fortschritt in den nächsten Jahren bringt.