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Zahnimplantate zunehmend erste Wahl: 1,3 Millionen werden in Deutschland pro Jahr eingepflanzt

Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI)

In allen Industrienationen steigt die Zahl der Patientinnen und Patienten, die mit Implantaten versorgt werden. „Alleine in Deutschland ist die Zahl der jährlich gesetzten Implantate in den vergangenen 20 Jahren von geschätzt 380.000 auf mittlerweile zirka 1,3 Millionen gestiegen“, erklärte DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz, Frankfurt, auf dem 32. Kongress der Gesellschaft in Wiesbaden. Patienten erwarten von einer Implantattherapie vor allem eine bessere Lebensqualität. Dies geht in den meisten Fällen auch in Erfüllung, wie Studien belegen. Allerdings müssen Zahnimplantate mindestens so gut gepflegt werden und noch häufiger kontrolliert werden als die natürlichen Zähne.

Implantatgetragener Zahnersatz, die „Notversorgung“ der 1960er Jahre, ist heute ein wissenschaftlich anerkanntes, etabliertes Therapieverfahren. Gehen Zähne verloren, sind Zahnärztinnen und Zahnärzte daher verpflichtet, ihre Patienten auch über diese Versorgungsform aufzuklären. Das Indikationsspektrum für Implantate wird darüber hinaus breiter, da Kontraindikationen schwinden.

Entsprechend steigt die Zahl jener Patienten, die von einer implantologischen Behandlung profitieren können, ebenso die Zahl der Zahnärztinnen und Zahnärzte, die implantologische Leistungen in ihren Praxen anbieten. Mehr als 8500 davon sind Mitglied in der DGI und machen die Gesellschaft zur größten wissenschaftlichen Gesellschaft auf ihrem Gebiet in Europa und zur zweitgrößten weltweit.

In der DGI steigt – analog zum Trend in der Zahnmedizin – auch der Anteil der Zahnärztinnen. Im Jahr 2017 waren bereits gut 32 Prozent der neuen Mitglieder weiblich; ihr Durchschnittsalter lag bei 34 Jahren und damit fast zwei Jahre unter dem der männlichen Neuaufnahmen. Noch prägnanter entwickelten sich der Anteil der Teilnehmerinnen am DGI-APW-Curriculum Implantologie. Er stieg von knapp 30 Prozent im Jahr 2010 auf fast 42 Prozent im Jahr 2018.

Fortbildung in der Implantologie ist wichtig

„Kolleginnen und Kollegen, die Mitglied in der DGI werden, suchen neben dem kollegialen Austausch vor allem eine qualifizierende und zertifizierte Fortbildung“, sagt der DGI-Präsident. Die Fortbildung ist das „Herzstück“ der Gesellschaft. Vor 20 Jahren brachte sie zusammen mit der Akademie Praxis und Wissenschaft der DGZMK das erste bundesweit angebotene, strukturierte und zertifizierte Curriculum Implantologie auf den Weg. Mit rund 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in mehr als 200 Kursserien ist es bis heute auch das erfolgreichste Curriculum in der deutschen Zahnmedizin. Derzeit unterrichten 51 Dozentinnen und Dozenten an bundesweit 27 Standorten die Teilnehmer in acht Wochenendkursen, an denen im Schnitt 20 bis 25 Zahnärztinnen und Zahnärzte teilnehmen. Jährlich starten sieben bis acht Kursserien.

Zum Fortbildungsportfolio der DGI gehören auch Einzelkurse in Praxen und Kliniken, in denen die Teilnehmer neue Verfahren und Konzepte kennenlernen und meistens in Hands-on-Übungen auch trainieren können. Hinzu kommen neue Veranstaltungsformen und insbesondere das E-Learning-Programm der DGI, die e.Academy. Diese ist seit zwei Jahren obligater Bestandteil des Curriculums. Um den zahnmedizinisch-implantologischen Nachwuchs kümmert sich vor allem die Nexte Generation der DGI, die spezielle Veranstaltungen anbietet.

In der Fortbildung der DGI geht es indes nicht nur um neue Verfahren und Therapiekonzepte. Der demographische Wandel in Verbindung mit dem breiteren Indikationsspektrum für implantologische Konzepte sorgt auch dafür, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte mehr Risikopatienten versorgen und die absolute Zahl an Komplikationen steigt.

Periimplantäre Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen

Die Periimplantitis, charakterisiert durch eine Entzündung der Weichgewebe um ein Implantat und einem fortschreitenden Abbau des angrenzenden Knochens, galt früher als eine seltene Erkrankung, die erst viele Jahre nach einer Implantation auftreten kann. „Diese Einschätzung ist obsolet“, betont Professor Schwarz. Die Erkrankung kann bereits zwei bis drei Jahre nach der Implantation beginnen. Sie entwickelt sich nicht-linear und – verglichen mit einer Parodontitis – beschleunigt.

Dieser zunehmenden klinischen Relevanz periimplantärer Infektionen haben die US-amerikanischen und europäischen Organisationen für Parodontologie Rechnung getragen. Ende Juni publizierten sie eine neue Klassifikation parodontaler Erkrankungen, bei der erstmals auch die Periimplantitis und ihre Vorstufe, die periimplantäre Mukositis, aufgenommen wurde. Schon seit zwei Jahren liegt eine S3-Leitlinie der DGI zur Therapie periimplantärer Infektionen vor.

Risikofaktoren für Entzündungen

Eine schwere Parodontitis in der Krankengeschichte, eine ungenügende Mundhygiene und der Verzicht auf eine regelmäßige Erhaltungstherapie spielen bei der Entstehung einer Periimplantitis und der einer Periimplantitis oft vorausgehenden Entzündung der Weichgewebe (Mukositis) eine entscheidende Rolle. Auch wenn die Positionierung von Implantaten die Mundhygiene erschwert, kann dies das Risiko für Entzündungen erhöhen.

Die periimplantäre Mukositis gilt als reversibel. Darum ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung wichtig. Das Gewebe ist gerötet, geschwollen und es blutet, wenn das Gewebe um das Implantat herum sanft sondiert wird. Bleibt eine Mukositis unbehandelt, kann die Entzündung auf das umliegende Knochengewebe übergreifen – die Diagnose lautet dann: Periimplantitis. Für die Therapie der Periimplantitis, bei der am Ende der Verlust des Implantates droht, wurden verschiedene Behandlungsmaßnahmen untersucht. Wenn eine nichtchirurgische Therapie nicht versagt, ist eine chirurgische Therapie erforderlich. Hier werden zur Zeit verschiedene Konzepte erprobt. Welches davon am besten ist, kann jedoch noch nicht beurteilt werden.

Empfehlungen für Patienten: Prävention ist entscheidend

Darum kommt der Prävention der Entzündungen eine besonders große Bedeutung zu, betont Professor Schwarz: „Eine entscheidend wichtige Botschaft für unsere Patientinnen und Patienten müssen wir immer wieder und intensiv kommunizieren, da diese an einem entscheidenden Risikofaktor der Periimplantitis ansetzt: Ein Zahnimplantat muss mindestens so gut gepflegt und noch engmaschiger kontrolliert werden wie die eigenen Zähne.“ Aus diesem Grund legte die DGI eine Empfehlung für Patienten zu diesem Thema vor.

Der Referent

Prof. Dr. med. dent. Frank Schwarz ist Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie e.V.