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"Der Gedanke einer ganzheitlichen Patientenversorgung bleibt auf der Strecke"

Bild: Pixabay / geralt

Deutliche Kritik an den aktuellen gesundheitspolitischen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung übt der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, in der aktuellen Ausgabe des Westfälischen Ärzteblattes. Sowohl bei dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) als auch bei dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz „bleibt der Gedanke einer ganzheitlichen Patientenversorgung auf der Strecke“, so Windhorst.

Das TSVG werde in einem Gesundheitssystem, das unter chronischem Ressourcenmangel leidet, nichts ausrichten. „Es verwundert nicht, dass kein Blatt Papier zwischen Politik und Krankenkassen passte, als es darum ging, von Ärzten noch mehr und noch flexiblere Sprechstunden zu fordern. Dass viele Kolleginnen und Kollegen schon seit langem mehr anbieten und längst am Limit arbeiten, wurde geflissentlich ignoriert.“ Windhorst kritisiert die „staatlich verordneten Überstunden“: Unter dem Vorwand, die Patientenversorgung zu retten, solle tief in die Organisation der einzelnen Arztpraxis hineinregiert werden. „Das TSVG überschreitet damit eine rote Linie.“ Und Windhorst prophezeit: „Es wird nicht die letzte sein, in Berlin stehen die Zeichen in bester Tradition des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes auch 2019 nach wie vor deutlich auf ‚Staatsmedizin’“.
 
Auf der Agenda des Bundesgesundheitsministers stehe 2019 auch die Ausbildung der Psychotherapeuten. Die reformierte Psychotherapeutenausbildung Spahnscher Couleur fördere nach Ansicht von Kammerpräsident Windhorst vor allem die Entstehung einer eigenen Versorgungsebene, die wiederum Schnittstellenprobleme in der Patientenversorgung mitbringe und die Unüberschaubarkeit des Gesundheitssystems fördere
 
Dass der Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen groß sei, stehe außer Frage. Psychische Erkrankungen ließen sich nicht isoliert betrachten. Aber genau dies drohe jedoch mit einer reformierten Psychotherapeuten-Ausbildung. Nach drei Jahren Bachelor- und zwei Jahren Master-Studium sollten staatliche Prüfung und Approbation zeigen, dass der Absolvent in der Lage ist, Patienten eigenständig zu behandeln. Modellhaft soll zudem erprobt werden, die Ausbildung auf das Veranlassen psychopharmakologischer Maßnahmen zu erweitern. „Diese Pläne fördern die Beschränkung auf einen eng umrissenen Bereich, wo vielmehr der verstärkte Austausch mit Ärztinnen und Ärzten und die Bündelung der jeweiligen Kompetenzen gefragt sind. Denn im Dialog von Psychotherapeuten und Somatikern ist es leichter, psychosomatische Probleme angemessen im Sinne des Patienten anzugehen. Die dafür wichtigen Querverbindungen und Vernetzungen werden den Psychotherapeuten neuen Stils jedoch fehlen.“ Der Deutsche Ärztetag habe bereits im vergangenen Jahr vor derartigen Plänen gewarnt.