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Neue zahnärztliche Approbationsordnung: Gebremste Begeisterung bei Gender Dentistry International e.V.

PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, Präsidentin der wissenschaftlichen Fachgesellschaft Gender Dentistry International e.V. (GDI)
Bildquelle: GDI

Zwar sei es sehr zu begrüßen, dass die überfällige Änderung der zahnärztlichen Approbationsordnung (kurz: AppO-Z), die in den vergangenen Jahren regelmäßig versprochen wurde, nunmehr ihren Weg in die Ausbildung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde finde, so PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, Präsidentin der wissenschaftlichen Fachgesellschaft Gender Dentistry International e.V. (GDI), es gebe aber keinen Anlass für den großen unkritischen Jubel im Berufsstand, wie er sofort nach Verkündung zu hören gewesen sei.

So würden in der AppO-Z Vorgaben festgeschrieben, die in den Hochschulen kaum oder gar nicht realisierbar seien – zumindest nicht bei bestehender finanzieller und vor allem auch personeller Ausstattung. Beispielsweise solle bei der Patientenbehandlung ein Assistent lediglich drei Studierende beaufsichtigen – derzeit liege die Zahl der beaufsichtigten Studierenden erheblich höher. „Eine Verbesserung der Studierenden-Assistenten-Relation ist ein sehr guter Weg, die Qualität des Studiums zu erhöhen“, so Gleissner, „dies ist aber faktisch nur möglich, wenn die Anzahl der Assistenten erhöht oder die Anzahl der Studierenden drastisch reduziert wird.“ Lösungen für diesen Konflikt seien in der Verordnung nicht enthalten. Weitere Belastungen kämen auf die Hochschulen hinzu durch zusätzliche Prüfungen. Bei den oft sogar sinkenden Budgets, mit denen die Zahnmediziner an den Hochschulen zu kämpfen hätten, sei die Umsetzung der neuen AppO-Z nicht realistisch. Dem Wunschbild stehe eine enorme Finanzierungslücke im Weg, für die es bisher kein motivierendes Signal gebe.

Als kritisch sieht die GDI ebenfalls, wie bereits in einer Stellungnahme zum Zeitpunkt der Diskussion angemerkt, dass während des Studiums keine fundierte Expertise in zahntechnischer Ausbildung mehr vermittelt wird – zugunsten eines für das Fach Zahnmedizin fragwürdigen Krankenpflegepraktikums. Zitat aus der Verordnung: "Statt dem bisherigen Schwerpunkt der zahnmedizinischen Ausbildung bis zum fünften Semester im Bereich Zahnersatz und Werkstoffkunde (Zahnkronen, Brücken, Prothesen) steht der Lebenszyklus des (gesunden) Zahnes und der oralen Strukturen am Beginn der Ausbildung. Die zahntechnischen Lehrinhalte werden dagegen auf die für den Zahnarzt und die Zahnärztin erforderlichen zahntechnischen Arbeitsweisen konzentriert. Dazu gehören insbesondere Planung, Eingliederbarkeit und Qualitätskontrolle des Zahnersatzes.“ Es sei zeitgemäß, dass der Fokus der Ausbildung auf „dem gesunden Zahn“ liege, wie es heißt, mit der Eliminierung einer fundierten prothetischen Ausbildung werde allerdings dem Behandlungsbedarf der Patienten nicht Rechnung getragen. So habe die aktuelle DMS V gezeigt, dass bei jüngeren Erwachsenen (35 – 44 Jahre) bereits ein Zahnverlust von 2,1 Zähnen (ohne Weisheitszähne) vorliegt, den jüngeren Senioren (65 – 74 Jahre) fehlen 11,1 Zähne im Durchschnitt, ohne Weisheitszähne – um nur den Zahnvollverlust aufzulisten. Zu prothetischen Leistungen gehören aber auch Zahnaufbauten bei teilgeschädigten Zähnen. Fast jeder fünfte Patient dieser Altersklasse war im Oberkiefer total zahnlos und rund jeder sechste im Unterkiefer. Bei den älteren Senioren (75 – 100 Jahre) fehlten, ohne Weisheitszähne, durchschnittlich fast 18 Zähne. Diese Daten, so Gleissner, machten eindrucksvoll deutlich, dass der Prothetik und damit auch der Funktion in einer modernen präventionsorientierten Zahnmedizin ein ganz erheblich größeres Gewicht zukomme als die neue AppO-Z darstelle.

Es sei sehr zu begrüßen, dass die Medizin in der ZahnMedizin eine größere Rolle spiele als vorher und diese Weiterentwicklung in der Verordnung auch deutlich spürbar sei – aber erheblich zu bedauern, dass „hinsichtlich der erheblichen Rolle der Prothetik mit der Novelle das Kind mit dem Bad ausgeschüttet wird“, so die GDI-Präsidentin. Die Änderungen in der neuen AppO-Z gingen hinsichtlich der Prothetik am Alltag in den Praxen vorbei und hinsichtlich mancher Vorgaben am Alltag in den Hochschulen. Erfreulich aber sei, und das gehöre zu den Aspekten, die die GDI in der Diskussionsphase mit eingebracht hatte, dass die neue AppO-Z nun nicht mehr nur für Zahnärzte gilt: „Wir hatten neben weiteren Aspekten angemerkt, dass es eine Approbationsordnung für Zahnärzte und Zahnärztinnen sein müsste“, so Gleissner. Dem sei erfreulicherweise Rechnung getragen worden.