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SpiFa fordert, Sanktionsregelung ersatzlos zu streichen

Bild: Freerangestock / Chance Agrella

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) äußert sich anlässlich der heutigen Anhörung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zum Referentenentwurf eines Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale Versorgung- Gesetz, DVG).

Der vorliegende Referentenentwurf zielt nach Einschätzung des SpiFa darauf ab, die Chancen der Digitalisierung für die Patienten besser nutzbar zu machen. „Das ist ein gutes Ansinnen“, sagte SpiFa-Hauptgeschäftsführer Lars F. Lindemann am Montag in Berlin. Zudem sollen laut BMG die Strukturen im Gesundheitswesen so angepasst werden, dass Innovationen den Patienten zeitnah zur Verfügung stehen können. „Wir begrüßen gemeinsam mit unseren 31 Mitgliedsverbänden, dass das BMG die Digitalisierung auf seine Agenda setzt und diesem wichtigen Thema ein eigenes Gesetz widmet.“
 
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, den Einsatz telemedizinischer Methoden auszuweiten. „Dabei erfolgt jedoch keine Qualitätskontrolle, inwieweit die telemedizinische Diagnostik oder Behandlung dem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt gegenüber gleichwertig ist“, kritisiert Lindemann. Somit setzt sich der telemedizinisch tätige Arzt einem unbegrenzten und derzeit von seiner Berufshaftpflicht nicht abgesicherten Haftungsrisiko aus. Mögliche juristische Streitfälle wären die Folge; die wiederum könnten der Telemedizin insgesamt einen negativen Ruf bescheren. „Hier sollte unbedingt nachgebessert werden, um Rechtssicherheit zu schaffen“, so Lindemann. Positiv beurteilt der SpiFa, dass der Gesetzgeber telemedizinische Leistungen zusätzlich und damit außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung fördern will. „Noch besser wäre allerdings, die extrabudgetäre Vergütung nicht auf einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren zu begrenzen und den entsprechenden Passus im Gesetzesentwurf zu streichen“, sagt Lindemann. Die Budgetierung ärztlicher Leistungen führt stets zu Verwerfungen zwischen den unterschiedlichen Fachgruppen und zu Wartezeiten in der vertragsärztlichen Versorgung.
 
Kritisch sieht der SpiFa nach wie vor die zwangsweise Verpflichtung der Ärzte zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI). „Insbesondere für die niedergelassenen Ärzte ist die Frage der Haftung bei einer Anbindung an die TI weiterhin nicht ausreichend geklärt. Sie sind den Angebotskartellen von PVS- und AIS-Hersteller ausgeliefert und müssen darauf vertrauen, dass diese eine korrekte Anbindung vornehmen und weder die Daten der Patienten noch die Daten der jeweiligen Gesundheitseinrichtung und der darin tätigen Menschen gefährdet werden.“ Erlebte Realität sei, dass die im Auftrag des Arztes tätigen Unternehmen nicht bereit sind zu erklären, dass die Installation vollumfänglich und nach vorgegebenen Standards der gematik korrekt ausgeführt worden, und der Arzt damit nicht mehr in der Haftung ist. „Wenn dies flächendeckend der Fall ist, dann ist es nicht verwunderlich, dass bei vielen Ärzten weiterhin eine Zurückhaltung existiert. Dies kann nur durch vertrauensbildende Maßnahmen der gematik mbH und nicht durch Sanktionen überwunden werden.“ Die angedrohten Honorarkürzungen aus dem BMG „werden den gegenteiligen Effekt fördern, als den, den der Gesetzesentwurf eigentlich intendiert“, so Lindemann. Er fordert, die Sanktionsregelung ersatzlos zu streichen.

Zudem weist der SpiFa darauf hin, dass die Aufnahme von innovativen digitalen Gesundheitsanwendungen möglichst unbürokratisch und vor allem zeitnah in das Leistungsverzeichnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erfolgen sollte. Die Förderung von Versorgungsinnovationen (§ 68b SGB V [neu]) durch die Krankenkassen und die damit verbundene Möglichkeit, diese Versorgungsinnovationen direkt den Versicherten anbieten zu dürfen, sieht der SpiFa außerordentlich kritisch. „Die Krankenkassen sind innerhalb der gemeinsamen Selbstverwaltung einer von drei Partnern. Uns überzeugt deshalb nicht, dass ausschließlich die Krankenkassen darüber befinden, welche Versorgungsinnovationen gefördert werden.“ Einerseits werde ein geschlossener Markt geschaffen, andererseits werde einmal mehr in das Arzt-Patienten-Verhältnis eingegriffen, weil schlussendlich der Arzt mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit der jeweiligen Versorgungsinnovation der Krankenkasse konfrontiert wird. „Weder das eine noch das andere können wir gutheißen“, so Lindemann.