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Grundsatzurteil in BDK-Musterverfahren zum festsitzenden Retainer

Bild: Unsplash / rawpixel

In seinem Urteil vom 23. November 2018 (Az.: 1 A 2252/16) stellt das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eindeutig klar: Die Eingliederung eines festsitzenden Retainers ist nicht mit den Kernpositionen nach den Nummern 6030 bis 6080 GOZ abgegolten. Das durch den Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden e.V./BDK angestrengte Musterverfahren weist somit zunehmende Versuche privater Versicherer und Beihilfestellen, die Reichweite der Kernpositionen auszudehnen, in enge Schranken.

Seit Inkrafttreten der nun nicht mehr ganz neuen GOZ häufen sich die Ablehnungsschreiben der Kostenträger zur Berechnung entsprechender Einzelleistungen. Die Argumentation: Die Kernpositionen würden alle Maßnahmen zur Umformung der Kiefer einschließlich der Retention umfassen, sodass die für die Eingliederung des Retainers erforderlichen Arbeitsschritte nicht gesondert berechnet werden könnten.

BDK führt Musterverfahren

Mittlerweile wird diese Begründung auch auf weitere Leistungen, z.B. das Eingliedern von Attachments ausgedehnt. In Nordrhein-Westfalen fand sie sogar Eingang in einen Beihilfe-Runderlass des Finanzministeriums, sodass alle Beihilfestellen sich hieran hielten. Der BDK hat deshalb bereits sehr früh, im Dezember 2015, entschieden, ein entsprechendes Musterverfahren in Nordrhein-Westfalen zu führen. Das Verwaltungsgericht Arnsberg wies die gegen die Beihilfestelle erhobene Klage in erster Instanz mit einer formalen – und wie sich nun gezeigt hat, nicht tragfähigen – Begründung ab. Das Oberverwaltungsgericht Münster ließ daher die Berufung zu. Die lange Wartezeit auf die Entscheidung hat sich gleichwohl gelohnt, da das Oberverwaltungsgericht die Zeit offenbar gut genutzt hat, um sich in die Sache einzuarbeiten.

Der Senat hat die Kernpositionen und ihr Verhältnis zu den übrigen Leistungen schulmäßig untersucht und die GOZ anhand der klassischen juristischen Methodenlehre nach Wortlaut, Systematik und Teleologie ausgelegt. Am Ende dieser Auslegung steht das Ergebnis, die Kernpositionen seien „keine Gebühr für eine Komplex- oder Zielleistung, sondern eine pauschale Grundgebühr, die die (auch intellektuelle) Gesamtleistung des Kieferorthopäden als solche honoriert“. Die Abrechnungsbestimmungen in den Absätzen 2 und 3 schlössen lediglich „– zeitraumbezogen – eine ,Doppelleistung´ dieser Nummern aus“, während das Verhältnis zwischen Einzelleistungen und Maßnahmen im Sinne der Kernpositionen in Absatz 4 geregelt sei. Neben den Kernpositionen seien also die nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Leistungen gesondert berechenbar.

Dr. Hans-Jürgen Köning, 1. Bundesvorsitzender des Berufsverbands der Deutschen Kieferorthopäden/BDK: „Das Oberverwaltungsgericht hat mit dem Urteil endlich klargestellt, dass die Kernpositionen nach den Nummern 6030 bis 6080 GOZ die Behandlungsführung abbilden, aber nicht die einzelnen Behandlungsschritte und die dafür erforderlichen Leistungen. Das Gericht hat hier aber nicht nur ein gutes und richtiges Ergebnis gefunden, sondern dieses auch hervorragend begründet.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision wurde jedoch nicht zugelassen. Ob die Beihilfestelle gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde einlegt, bleibt abzuwarten. Auch das Bundesverwaltungsgericht wird sich aber der überzeugenden Begründung des OVG nur schwer entziehen können.