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S1-Leitlinie zur nationalen Teststrategie für Mitarbeitende im Gesundheitswesen veröffentlicht

Bild: rawpixel.com

Beschäftigte in Arzt- und Zahnarztpraxen jetzt berücksichtigt

| „Wir müssen die Mitarbeiter – und damit auch die Patienten – im Gesundheitswesen besser schützen!“ Unter dieser Prämisse haben medizinische Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) eine S1-Leitlinie über eine nationale Teststrategie für Mitarbeitende im Gesundheitswesen veröffentlicht. Die wichtigste Forderung: „Kein Gießkannenprinzip, sondern gezielt nach Relevanz testen“, so Professor Uwe Janssens, Erstautor der Leitlinie, Präsident der DIVI und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.

Einher geht ein dringender Appell an Politiker im gesamten Bundesgebiet, sich mit dem vorgelegten Konzept auseinanderzusetzen. Denn: Mitarbeiterschutz heißt immer auch Patientenschutz! Und: Die Kosten müssen einheitlich geregelt werden und dürfen nicht zu Lasten der Mitarbeitenden oder den jeweiligen Einrichtungen und Praxen gehen.

An der Erstellung der Leitlinie haben auch Vertreter*innen des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. mitgewirkt. "Das ist für MFA und ZFA wichtig, denn in der aktuellen nationalen Teststrategie werden die Beschäftigten in Arzt- und Zahnarztpraxen nicht berücksichtigt", erklärt Verbandspräsidentin Hannelore König. "Die nun vorgelegte S1-Leitlinie differenziert das Risiko und sollte unbedingt in die nationale Teststrategie aufgenommen und praktisch so umgesetzt werden, dass die Honorierung in allen Bundesländern einheitlich geklärt wird."

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) haben sich in Deutschland bisher rund 26.000 Health Care Workers (HWCs) bereits mit COVID-19 infiziert, etwa 1.100 mussten im Krankenhaus behandelt werden, 63 verstarben.

Die Leitlinie nennt vier Kriterien:
  • Grad des Infektionsrisikos (Arbeit in Bereichen mit einem höheren Infektionsrisiko, z.B. Intensivstation oder Notaufnahmen)
  • Art der Risikotätigkeit (z.B. Durchführung von Prozeduren mit Aerosolbildung)
  • Signalwert des lokalen SARS-CoV-2 Wertes (mehr als 50/100.000 Infektionen in den letzten 7 Tagen)
  • Lokales Ausbruchsgeschehen (Hot-Spot-Gebiet oder relevante Anzahl von betreuten COVID-19-Patienten auf Stationen oder in Einrichtungen bzw. Praxen)

Die Fachgesellschaften sprechen sich zudem einstimmig für begleitende Studien aus, um die derzeit beschrittenen Wege zu überprüfen. „Das betrifft insbesondere die Grenzwerte als Auslöser für Testungen. Gerade bei einer niedrigen Prävalenz von SARS-CoV-2 in einer Region ist die Gefahr falsch-positiver Testungen bei Reihentestungen besonders hoch“, sagt Janssens.

Die Autoren wollen in den nächsten Wochen und Monaten zudem regelmäßig neu veröffentlichte Studien diskutieren und deren Ergebnisse in die S1-Leitlinie zur nationalen Teststrategie für Mitarbeitende im Gesundheitswesen einfließen lassen.

Herbst und Winter stehen vor der Tür und damit auch weitere Virusinfektionen wie der normale Schnupfen oder die gefährlichere Influenza. „Nicht jeder, der will, kann und sollte getestet werden“, fasst Janssens das Anliegen der Leitlinie zusammen. „Aber für diejenigen, die ihre persönliche Gesundheit täglich bei der Arbeit unter anderem in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, in der ambulanten Pflege und in Arztpraxen aufs Spiel setzen, sollten Testkapazitäten vorhanden sein!“